Unsere 1. Tour ins Ausland

Die Vogalonga (das "lange Ruder") ist eine Ruderveranstaltung ohne Wettkampfcharakter und Sieger, die alljährlich in der Lagunenstadt stattfindet. Es können alle Bootsklassen teilnehmen, die mit Muskelkraft bewegt werden, also zum Beispiel Ruderboote, Kanus und selbstverständlich auch Gondeln. Die Ruderstrecke, die am Markusplatz beginnt und auch wieder endet, beträgt 30 Kilometer. Sie führt vorbei an den Inseln Vignole und Sant´Erasmo bis hinaus nach Burano, dann zurück über Murano und durch den Canal Grande. Nach einer Regatta in Venedig am 11. November 1974, an der sowohl Profi- als auch Amateurruderer aus Venedig teilgenommen hatten, kam die Idee auf, eine Regatta einzuführen, die allen Liebhabern der "voga veneta", des "venezianischen Ruderns" gewidmet sein sollte. Die "voga veneta" ist eine spezielle Rudertechnik, die in und um Venedig herum entwickelt wurde und die es einem einzelnen Ruderer ermöglicht, mittels einem oder maximal zwei Rudern ein Boot fortzubewegen. Die Veranstaltung ist eine friedliche, farbenfrohe Kundgebung für den motorlosen Verkehr und gegen die Verschmutzung der Lagune.



Die 41. Vogalonga ist Geschichte und wir haben sie mitgeschrieben. Den Stift bzw. das Paddel hatten dabei Sven, Michaela, Peter, Mirko, Andrea, Dirk H., Dirk E., Ulf, Manuela, Matze, Maik, Annett, Ilona, Ines, Marko K., Tobias F. und Jens Pohle in der Hand.

Nachdem wir uns gründlich auf die Tour vorbereitet hatten, starteten wir am 21.05.15 in Richtung Venedig. Tagesziel war zunächst Hallein in Österreich. Dort hatten wir eine Zwischenübernachtung in der Pension Sommerauer gebucht. Das entspannte die lange Anreise immens. Das Wetter spielte leider gar nicht mit und wir mussten im Regen das reservierte Restaurant "Hager" finden. Bei einem ersten gemeinsamen Abendessen stärkten wir uns für den kommenden Tag und lernten anhand der Speise- und Getränkekarte österreichische Vokabeln.

 

Teamwork war bereits bei der Ausfahrt von der Pension auf die Straße nötig. Die Ausfahrt war dann doch etwas eng für unseren Transporter mit Anhänger. Alles funktionierte reibungslos: die Straße wurde kurzerhand abgesperrt, der Anhänger abgekoppelt, in die Richtung gedreht, in die es gehen sollte und weiter ging die Fahrt!

 

Auf dem Campingplatz in Cà Savio wurden wir herzlich empfangen und bezogen 2 nagelneue Bungalows und eine Wohnung. Nachdem wir uns häuslich eingerichtet hatten, wurde der Grill angeheizt. Mit einem Anstoßen auf die unfallfreie Anreise und auf das Kommende sowie einem Spaziergang zum Strand beendeten wir diesen Tag unseres Abenteuers.

 

Unser erster Tag in Italien startet mit grauen Wolken und Regen. Die Wetter-Apps sollten also Recht behalten. Doch davon ließen wir uns die Laune nicht vermiesen, denn schließlich - Zitat Annett -: "schneite es ja nicht". Annett, Tobi und Marko konnte auch das Wetter nicht abschrecken, jeden Morgen ein Bad in der Adria zu nehmen.

Nach dem Frühstück mit ungewohnt großen italienischen Brötchen, machten wir uns auf den Weg nach Venedig. Es galt, das Org.-büro zu finden und die Anmeldeunterlagen abzuholen. Dank Maiks und Ines' Vorjahreserfahrungen fanden wir den Weg durch verschlungene Gassen bis zum Fischmarkt. Italienische Gelassenheit ließ uns eine geraume Zeit anstehen und in einer langen Schlange warten. Doch schließlich hatten wir was wir brauchten und liefen in kleinen Grüppchen für eine erste Sightseeing-Tour durch die Stadt. Dabei waren Regenschirme und -jacken ein nützliches Muss. Wir hatten trotz nasser Füße eine schöne Zeit und holten uns erste Eindrücke von der Stadt. Zurück an Land galt es, einen geeigneten Liege- und Einsetzplatz für das Boot zu finden. In der Marina von Punta Sabbioni gab es diesen. Auch hier halfen uns die Erfahrungen von Maik und Ines weiter....

Abends fanden wir in einer nahe gelegenen Pizzeria Platz. Mit einem kleinen Absacker auf der Bungalow-Terrasse, dem kollektiven Brötchen schmieren und dem zusammenpacken der Paddelsachen beendeten wir den Tag vor dem großen Ereignis.

 

Der Vogalonga-Tag begann sehr früh. Die Wecker klingelten bereits um 05:00 Uhr oder noch zeitiger. Wer es schaffte, trotz Aufregung zu frühstücken tat das. Vielen war die Aufregung anzusehen, denn man bekam gerade ein Glas O-Saft in sich rein.... In 2 Etappen fuhr Peter uns zur Marina. Dort trafen wir auf die Kanuvereins-Teilnehmer um Manne und Bärbel. Um 06:30 Uhr etwa begann unser großes Abenteuer. Der Wettergott war uns hold und bescherte uns, dem Geburtstagskind Peter sowie dem Hochzeitspaar Sven und Michaela einen blauen Himmel und Sonne! Wir fühlten uns alle auf Wolke 7.

 

Aufgeregt schnatternd setzten sich beide Cottbuser Boote in Bewegung Richtung Startlinie. Das hieß jedoch nicht nur kurz um's Eck, sondern gute 9 km über die Lagune und quer zur Schifffahrtslinie der großen Ozeandampfer zu paddeln. 100 m vor uns kreuzte die "Costa Deliziosa", ein Kreuzfahrtschiff der italienischen Reederei Costa Crociere mit einer Länge von 294 m und einer Breite von 32 m. Was eine ordentliche Welle erzeugte, die wir natürlich zu nutzen wussten. Ein erstes beeindruckendes Erlebnis so flach über dem Meeresspiegel aus unserer Sicht. Nach einer guten Stunde erreichten wir die ersten Kanäle von Venedig und legten für einen Landgang an. Jetzt liefen die letzten Vorbereitungen (Toilette, einen Happen essen, Sonnencreme auftragen und sämtliche Sachen wasserfest verstauen).

 

Als um 09:00 Uhr der Kanonenschuss zu hören war, setzten sich unter dem Jubel vieler Tausender Paddler und Ruderer unzählige Boote in Bewegung - Gänsehaut pur. Egal in welche Richtung man schaute, man sah nur Boote. Zusammen mit Kanuten, Kajak-Fahrern, Ruderern und Gondolierie sowie einigen Standup-Paddlern ging es auf den 30 km langen Rundkurs. Wir kamen gut voran, die Stimmung war bombastisch. Die Strecke verlief zunächst an eher unspektakulären Gegenden vorbei, denn wir bewegten uns von Venedig weg in Richtung Le Vignole, Sant'Erasmo und Burano. An der Strecke standen hin und wieder Leute, die applaudierten und jubelten.

 

In Mazzorbo, der Nachbarinsel von Burano, gingen wir für eine Mittagspause an Land. Das Anlanden ist nicht so einfach ohne Steg und einem Ufer voller Steine. Doch auch diese Hürde nahmen wir. Dankbar, doch endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren, streckten wir die Glieder aus. Hauptaugenmerk lag jedoch auf einer Toilettenpause und einer Stärkung durch die mitgebrachten Brötchen, Bananen und Äpfel. Kurz bevor wir wieder ins Boot steigen sollten, war die Tour für Ulf fast vorbei. Er zog sich einen 3 cm langen und ziemlich dicken Splitter in die Fußsohle. Dank Mirkos Erste-Hilfe-Koffer waren wir auf alles vorbereitet. Ines und Manu operierten an Ort und Stelle auf dem Steg das Ding wieder raus und Ulf konnte wieder an Bord. Die anschließende Strecke zwischen Burano und Murano führte über die längste Strecke offener Lagune. Die Muskeln wurden langsam fest und erste Ausfallerscheinungen zeigten sich. Die Sonne meinte es um die Mittagszeit ziemlich gut mit uns! Da kamen wir auf die geniale Idee, einfach mal in den Rennmodus zu wechseln. Hätte Maik es sich jemals träumen lassen, dass wir darum bitten? "3 schnelle, 20 zum schieben, dann Strecke" und schon waren die Muskeln wieder locker. Unter den verwunderten Augen der anderen Paddler und Ruderer strahlten wir um die Wette. Sicher fragten sie sich, wo wir nach gut 20 km noch die Kraft her nahmen. Das wusste keiner - sie war einfach da (auch ohne Red Bull).

Am Eingang zum Canal Grande herrschte Chaos, welches uns die Haare zu Berge stehen ließ. Einen äußerst kühlen Kopf musste dabei Maik am Steuer bewahren. Jeder wollte der Erste sein. Manche fuhren gnadenlos in die Menge. In diesem Moment sank die Stimmung, der Stressfaktor stieg. Irgendwann löste sich der Knoten und wir waren angekommen am schönsten Punkt der Tour. Rechts und links des Kanals waren jede Menge Menschen, die das Treiben verfolgten. Das paddeln fiel jetzt schwer; wir wollten die Gegend genießen. Ziemlich oft klatschten die Paddel aneinander und Maik musste immer wieder sagen "Schlag aufnehmen!" ;-)

 

An der Rialto-Brücke boten wir der wartenden Menge eine kleine Show. Da alle anderen Boote nur so dahin fuhren, wollten wir einen anderen Eindruck hinterlassen: wir fuhren unser Startprozedere unter dem begeisterten Jubel der Masse. Das gleiche wiederholten wir an der nächsten Brücke. Und schon waren wir am Markusplatz angekommen und die Vogalonga war für uns zu Ende. Recht unspektakulär bekamen wir eine Plastetüte mit Medaillen und Urkunden ins Boot gereicht, gefolgt von Wasserflaschen und Bananen. Der motorisierte Bootsverkehr hatte in der Lagune bereits wieder eingesetzt. Mühsam kamen wir wegen der recht hohen Wellen voran.

 

Wir paddelten noch einige Zeit und gingen noch ein letztes Mal an Land, bevor wir uns auf den gut 9 km langen Rückweg machten. Müde, mit schmerzenden Armen und Schultern aber überglücklich es geschafft zu haben, hing jeder seinen Gedanken nach, lag träge in der Sonne, lief ein paar Schritte - alles mit einem schwankenden Gefühl im Körper. Dass wir den Tag auf dem Wasser verbracht haben, war deutlich zu spüren.

Eher mechanisch als wirklich bewusst paddelten wir den Rückweg herunter und waren einfach nur heilfroh, als wir in der Marina von Punta Sabbioni das endgültige Ziel erreichten. Leider haben wir vor Müdigkeit und dem Dusche herbei sehnen weder ein Gruppenfoto noch unser sonst übliches Abklatsch-Ritual gemacht. Schade, aber auch irgendwie verständlich...

 

Letzte Kräfte waren nun noch aufzubieten, um Paddel, Gepäck und Boote auf die Trailer zu laden. Unsere Jungs haben den Mädels eine wahre Freude bereitet, indem sie uns nach Hause schickten und sich alleine um die Sache kümmerten.

 

Frisch geduscht und ohne Salz auf der Haut gingen wir Abendbrot essen. Leider war die überfüllte Pizzeria des Vorabends keine gute Wahl - wir warteten ewig und verließen teilweise nach über einer Stunde wartens genervt das Lokal. Unweit fand sich eine weitere Pizzeria, die prompt Getränke und Essen an die Tische zu den hungrigen Paddlern brachte. Der Abend endete ziemlich zeitig, nicht jedoch ohne den üblichen Absacker auf der Bungalowterrasse.

 

Auch der nächste Tag verwöhnte uns mit strahlendem Sonnenschein. Das späte Frühstück war erst gegen 10:30 Uhr beendet. Das Gefühl von ausschlafen und kein Paddel in die Hand nehmen zu müssen, war unbeschreiblich :-). Nach dem Frühstück teilte sich die Gruppe. Ein paar setzten nach Burano über, einige fuhren noch einmal nach Venedig. Wie schön die Stadt doch ohne Regen sein kann. Mit einem Rundgang der besonderen Art erkundete Team "Venedig" die Stadt und entdeckte viele versteckte Ecken. U.a. konnte ein Maler bei seiner Arbeit beobachtet werden. Abends saß die Gruppe ein letztes Mal bei Grill und Getränken zusammen und schon hieß es wieder Koffer packen.

 

Die Abfahrt war für 06:00 Uhr geplant. Fast pünktlich traten wir am 26.05.15 die 1.200 km lange Rückreise an. Nach einigen Pausen und staubedingten Stopps, kamen wir zwischen 20:30 und 21:30 Uhr wieder in der Heimat an. Ein besonderer Dank gilt hier den 4 Kraftfahrern, die alle unfallfrei nach Hause brachten.